Im Haupthaus: Leben wie vor 150 Jahren

Pferdestall: Beginn der Pferdezucht in Ravensberg

Pferde hatten als Zugtiere in der Landwirtschaft des 19. Jahrhunderts eine wichtige Funktion. Auf Ravensberger Höfen standen bis ins 19. Jahrhundert hinein keine Zuchtpferde, sondern Pferde unbestimmter Herkunft. Erst allmählich wurden sie durch die Einkreuzung von Pferden Oldenburger Herkunft, aber auch anderer Tiere aus Hannover oder Friesland, Belgien oder Frankreich veredelt. So entstanden schwere Warmblutpferde, die sich besonders gut für die Bearbeitung der hiesigen Ackerböden eigneten. Gesunde und gut gepflegte Pferde waren der ganze Stolz des Bauern.

Kuhstall: Multifunktionstier Kuh

Kühe besaßen auf kleineren Höfen im 19. Jahrhundert mehrere wichtige Funktionen: Sie waren zum einen Milchlieferanten. Darüber hinaus diente ihr Kuhmist zur Düngung der Ländereien – damals sehr wichtig, denn ein besseres Mittel für Pflanzenwachstum hatte man nicht. Nicht selten wurden die Tiere als Zugtiere vor Egge und Pflug gespannt, wenn kein Pferd vorhanden war. Die Milchergiebigkeit der Kühe nahm dann allerdings ab.
Um 1850 war die typische Kuh im Ravensberger Land noch ein kleiner Landschlag – viel kleiner als heute. Diese Kühe gaben nur ungefähr 5 Liter Milch pro Tag.

Herdfeuer: Feuer ohne Schornstein

Das offene Herdfeuer ohne Schornstein bildete den Mittelpunkt des Hauses. Es spendete Wärme und Licht. Solche Rauchhäuser wie der Hof Möllering waren in ganz Nordwestdeutschland üblich. Gleichwohl galt diese Art der Feuerstelle bereits im 19. Jahrhundert als rückständig. Der abhängig vom Brennmaterial teils sehr starke Rauch stand im Verdacht, Atemwegserkrankungen zu fördern. Das Feuer hatte aber durchaus Sinn, da der aufsteigende Rauch Fleisch und Würste räucherte, die Eichenbalken konservierte, das Korn und Heu auf dem Dachboden nachtrocknete und vor Ungeziefer schützte.

Esslucht: Gleiches Essen für alle

In der Esslucht neben der Feuerstelle nahmen alle Hofinsassen gemeinsam ihre Mahlzeiten ein, der Überlieferung nach in streng hierarchischer Sitzordnung und nach Geschlechtern getrennt. Brei, Grütze, Pfannkuchen und Suppen kamen am häufigsten auf den Tisch, seltener gekochtes Fleisch und Speck. Noch zu dieser Zeit wurde aus einer gemeinsamen großen Schüssel gegessen, dabei nahm jeder Hofbewohner seinen persönlichen hölzernen Löffel zur Hilfe.

In der großen hölzernen Anrichte standen oben die besten Teller aus Keramik und dem damals schon veralteten Zinn. Unten waren abschließbare Schränke für Nahrungsmittel wie Brot oder Eier. So wachte die Hausfrau darüber, dass zwischen den Mahlzeiten nicht genascht wurde.

Stube: Wohn- und Spinnstube

Die Stube, der einzige ofenbeheizte und rauchfreie Raum in einem Bauernhaus mit offenem Herdfeuer, wurde im Sommer nur selten genutzt.

Im Winter jedoch erwachte hier das Leben: Unter anderem wurde der Flachs versponnen, wobei das Gesinde täglich eine vorgeschriebene Spinnleistung erbringen musste. So konnte die Arbeitskraft aller Hofinsassen auch in den Wintermonaten ausgenutzt werden.

Der Schreibschrank mit ausklappbarer Platte mit Sorgenstuhl und Tabakspfeife veranschaulicht, wie der Bauer und ggf. seine Frau die Arbeit auf dem Hof organisierten. Allerdings: Viel Schreibarbeit war damals noch nicht zu leisten.

Webkammer: Handarbeit kontra Industrie

Die Garn- und Leinenproduktion diente auf kleineren Höfen und bei Heuerlingen nicht nur dem Eigenbedarf. Vielmehr waren Garn und Leinen, besonders die feinen Sorten, zum Verkauf in fremde Länder bestimmt.

So traf eine Absatzkrise Mitte des 19. Jahrhunderts das Leinengewerbe in Ravensberg hart. Durch die Einführung von englischem Maschinengarn und die Inbetriebnahme von Spinnmaschinen und mechanischen Webstühlen sanken die Verkaufserlöse für Spinner und Weber erheblich. Auch eigene Innovationen, wie die Einführung des zweifluchtigen Spinnrads konnte die Durchsetzung des Maschinengarns kaum aufhalten.

Vorratskeller: Schmalhans Küchenmeister

Der Hof wirtschaftete nahezu autark. Nur wenige Dinge wurden hinzugekauft. Um das Überleben der Hofbewohner und -bewohnerinnen im Winter und Frühjahr zu gewährleisten, musste der in der Erntezeit im Spätsommer und Herbst anfallende Überfluss haltbar gemacht und eingelagert werden.

Dies erreichte man durch Erhitzen oder Kühlen, Trocknen, Räuchern, Pökeln oder Einlegen. Fast alle Vorgänge der Haltbarmachung waren sehr arbeitsintensiv. Da die Haltbarmachung den Verfallsprozess der Lebensmittel meist nur verlangsamte, nicht völlig aufhielt, musste hygienisch gearbeitet werden.

Gesinde – harte Arbeit, karger Lohn

Auch ein kleiner Hof benötigte die Arbeitskraft des Gesindes, das meistens für ein Jahr verpflichtet wurde. Knecht oder Magd wurde man mit 14 Jahren. Der Lohn der Knechte und Mägde bestand aus Bargeld, Kleidungsstücken wie Schuhen oder Hemden, Flachs zum Spinnen und rohem Leinen, den »Lohnlaken«.

Nach der Ernte, meistens im November, wurden viele Knechte und Mägde aus Arbeitsmangel entlassen. Auch soziales Fehlverhalten seitens des Gesindes konnte zur Entlassung führen.

Fruchtboden: Kommen und Gehen auf dem Hof

Der Erfolg des auf Mehrung und Weitergabe ausgerichteten Hofsystems beruhte zum großen Teil darauf, dass die Hofbewohner eine möglichst hohe und langanhaltende Produktivität entfalteten und ihre Zahl im ausgewogenen Verhältnis zur Hofgröße stand. Faktoren wie Geburt und Tod, Heirat oder die Fluktuation des Gesindes übten daher starken Einfluss auf das Hofsystem aus.

Heirat: Keine Auffahrt ohne Brautschatz 

Bei der Einheirat, der so genannten Auffahrt, erwies sich vor allem der Brautschatz, die Mitgift, der oder des Auffahrenden als bedeutsam für die Existenz des Hofes. Mit ihm mussten oft die Abfindungen für die vom Hof abgehenden Kinder bestritten werden. Die Verhandlungen über den Umfang der Mitgift führten die Eltern des Brautpaares, er richtete sich nach der Größe der Hofstätte. Neben Bargeld, Vieh und Saatgut gehörte sowohl für einheiratende Frauen als auch Männer ein Brautwagen mit Möbeln und Gerätschaften dazu.

Ausscheiden: Auf nach Amerika!

In Krisenzeiten, wie zum Beispiel bei anhaltenden Missernten oder in der Leinenabsatzkrise, konnten vor allem kleine Höfe nicht mehr alle Insassen ernähren. Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Ravensberg verschlechterten sich seit den 1830er Jahren so sehr, dass das Leben auf dem Land vielen Tagelöhnern und abhängig Beschäftigten, aber auch vielen Bauern keine Existenzgrundlage mehr zu bieten schien. Die Auswanderung nach Amerika wurde für viele schließlich ein Aufbruch in ein besseres Leben.